Wir befinden uns nun ungefähr 2,5 bis 3 Monate postoperativ auf dem Zeitstrahl im Jahre 2011. Der Hochsommer war noch in voller Blüte und neigte sich dann so langsam dem Ende.
Was war von meiner Operation bis hier hin alles passiert? In den Ganzkörperübungen wie Liegestütz, Ausfallschritte, single-leg dead lifts, Übungen am TRX usw. hatte ich bereits deutliche Fortschritte gemacht. Videos von damals besitze ich leider nicht. Ich habe dir aber ein paar aktuellere Trainingsausschnitte auf Instagram zur Verfügung gestellt. 🙂 Da findest du alle wichtigen grundlagenden Übungen mit Tipps und Tricks!
Die Wackelbretter bezwang ich bald in jeglicher Form sowie den Pezziball. Meine Sprunghöhe war fast von Woche zu Woche angestiegen und ich hatte mich fleißig in Seilspringen und Schrittkombination auf Kästchen geübt. Nun wurde es langsam Zeit für ein paar Trainingseinheiten im Freien…
Treppenläufe und Koordinationsleiter
Da mein Fitnessstudio in ein Sportzentrum eingebettet war, lagen uns die Fußballwiesen und ein kleines Laufstadion direkt zu Füßen. Dort befanden sich auch hohe Tribünen mit vielen Treppen, die ich für meine Treppenläufe gut gebrauchen konnte. Ich habe alle Step-Kombinationen ausprobiert, die mir einfielen und mich forderten. Und dann ging es 20-30 Minuten Treppe rauf und runter. Besonders wichtig und schwierig empfand ich auch das einbeinige springen! . Ich habe deutlich gemerkt, wie ich mit dem frisch operierten Bein immer einen Tick länger brauchte als mit der alten Verletzung. Eine wunderschöne Alternative sind Koordinationsleitern, falls ihr keine Treppen in der Nähe habt. Zahlreiche Anregungen findet ihr auch in youtube-Videos.
Lauftraining
Eine frische Brise im Gesicht, Laufschuhe an und los?! Naja, ganz so einfach ist es dann doch nicht… Ich habe vergeblich versucht mit meinen Laufschuhen mit Laufen anzufangen und musste nach ein paar Metern feststellen, dass ich trotz speziellen Joggingschuhen leichte Knieschmerzen bekam. Also zog ich die Dinger aus und fing an meine Runden auf dem Rasen zu drehen und siehe da: ich konnte mehrere 400 Meter Runden ohne Probleme bewältigen 🙂 War ich stolz und happy! Aber auch hier lautet wieder eine Message von mir:
Der Körper mag natürliche Untergründe und natürliche Abläufe,
Joggingschuhe mit Dämpfung sind künstlich und nicht immer förderlich!
Probiert aus, was euch besser bekommt.
Im Laufartikel von Cathrin und mir „Joggen lernen: In drei Schritten gesund laufen lernen“ bin ich auf ein paar Aspekte eingegangen, die ihr beim Einstieg mit berücksichtigen solltet. Deshalb möchte ich an dieser Stelle nur erzählen, wie ich das Ganze angegangen bin:
Ich bin 2 Runden auf dem Rasen barfuß um den Platz getrabt. Dann habe ich ein paar Treppenläufe integriert oder das Lauf-ABC zur Abwechslung und Entlastung der Knie gemacht. Was sehr Viele nämlich nicht wissen ist, dass das Lauf-ABC deutlich weniger Belastung auf das Knie ausübt als das Joggen. Oben seht ihr Catrin mit ihrer Trainingsgruppe auf unsere Anlage 🙂 Links das Fußballfeld und rechts die Treppen.
Das ganze Programm hat bei mir in den ersten malen so 25 Minuten gedauert. Später waren es dann eher 40. Dabei habe ich dann den Laufanteil nach und nach erhöht. Ich glaube nach bereits 2-3 Wochen konnte ich dann auch schon wieder die ersten mittellangen Strecken laufen. Einen Lauf werde ich dabei wohl nie vergessen! Es war Spätsommer mit überragendem Wetter und ich war mit einem Freund auf Norderney gefahren…dort konnte ich dem Sand einfach nicht widerstehen und bin den ersten größeren Lauf von 7-8 km angetreten. Der Sonnenuntergang war bilderhaft und das Meer rauschte zu meiner Seite. Die Rache kam aber am nächsten Tag… mit einem so mörderischen Muskelkater wie ich ihn noch nie in meinem Leben hatte! Ich kam die Treppen nur noch schräg hoch und runter 😀 Aber es war ein geiles Gefühl!
4-5 Monate Post-Op: Sprinttraining- Richtungswechsel
Auf dem Volleyballfeld muss das Ganze aber nun etwas zügiger ablaufen… dementsprechend wurde es nun Zeit für das Sprinttraining. Hier sind fünf Aspekte, die ich beachtet habe:
- Eine gute Vorbereitung für das Sprinten sind die Wall Drills, um insbesondere Zerrungen der Waden und hinteren Oberschenkelmuskulatur vorzubeugen.
- Ich bin dann mit 20-30 Metersprints gestartet und über eine relativ lange Strecke ausgelaufen. Denn beim Abbremsen wirken teilweise schon erhebliche Kräfte auf das vordere Kreuzband und da sollte man sich langsam ran tasten.
- Dann habe ich nach und nach die Strecke auf 50 Meter gesteigert. Alles darüber hinaus hatte für mich als Volleyballerin dann auch keinen Sinn mehr gemacht, da unsere Laufstrecken deutlich kürzer sind.
- Über die Sessions habe ich dann die Bremsstrecke nach und nach verkürtzt, um mich wieder an einen normalen Bremsweg zu gewöhnen.
- Bevor du wieder einem Ball hinterher läufst, solltest du dich im seperaten be- und entschleunigen sicher fühlen. Sonst wird deine Aufmerksamkeit im Training nicht dem Ball, sondern dem Knie gelten. Darunter wird deine Leistung extrem leiden!
Neben den Sprints sind dann noch die Richtungswechsel sehr wichtig. Gerade beim Volleyball hat man verhältnismäßig deutlich mehr Richtungswechsel als Sprints. In der Annahme macht man viele seitliche Ausfallschritte oder macht einen Hechtbagger nach vorne. Am Netz macht man entweder Angriffsschläge oder blockt. Dabei kommt es auch zu Seitwärtsbewegungen und abrupten Stops. Doch auch die anderen Stop-and-Go Sportarten leben von Be- und Entschleunigung sowie von Richtungswechseln. Gerade der Handball und das Basketball leben von Täuschversuchen und Richtungswechseln, um dem Gegner auszuweichen. Desto grauenvoller ist es festzustellen, dass Richtungswechsel vor dem Wiedereinstieg nur in den seltesten Fällen überhaupt geübt werden!
Ich zeige dir im folgenden Video auf Instagram wie du dich langsam an die Wende ranarbeiten kannst. Die Betonung liegt dabei auf dem Abfedern der Geschwindigkeit. Deshalb ist die Wende anfangs so langsam.
Was musst du nun bei den Wendungen beachten?
- Volle Last auf das äußere Bein, auf dem du abstoppst!
- Das Bein befindet sich nicht weit ausgestreckt zur Seite, sondern ist relativ senkrecht unter dir. Das Knie wird dabei noch außen gedrückt. Die Hüfte geht nach hinten und federt mit ab. Knie befinden sich ebenfalls in Beugung. Oberkörper ist im Idealfall senkrecht.12
Man kann sich wunderbar Flaschen, Hanteln oder sonstiges auf den Boden legen und dann zwischen den Gegenständen hin und her sprinten. Wenn man Lust hat, kann man sich auch Stöckchen legen, über die man rüber hüpft. Der Kreativtät sind dort keine Grenzen gesetzt. Je vielfältiger, desto besser. Überstürtze nichts, sondern fordere dich in einem angenehmen Bereich heraus und du wirst Fortschritte machen.
Geh die Abläufe vorher bewusst im Kopf durch, sodass sich dein Körper darauf einrichten kann. Wir haben tatsächlich eine Struktur im Gehirn, den prämotorischen Cortex, der die Muskeln dann vorab gezielt aktivieren kann.
5 Monat Post-Op: Sportartspezifisches Training
Neben dem Sprinttraining und dem Üben von Richtungswechsel solltest du auch mit einem sportartspezifischen Training anfangen. Du brauchst nicht glauben, dass du nach 6 Monaten über das Fußballfeld laufen und den Ball in alle Richtungen kicken kannst, geschweie denn einen Zweikampf aufnehmen kannst. Das wäre so wie als 10 km Läufer auf einmal einen Marathon laufen zu wollen….
Nur weil sechs Monate rum sind, ist das Band nicht auf einmal wunderbar eingeheilt. Noch ist das Knie auf Knopfdruck spielbereit. Deshalb müsst ihr euch die Frage stellen:
Wie bereite ich mein Knie auf meine Sportart am besten wieder vor?
Du musst versuchen deine Sportart zu analysieren und in Einzelteile zu zerlegen. Was ist für deine Sportart spezifisch oder individuell?
Welche Bewegungsabläufe kommen besonders häufig vor?
- Sind es kurze 2-3 Meter Sprints oder doch die 20 oder 30 Meter Sprints über das Fußballfeld?
- Hat das Knie Kontakt zu einem Ball oder sonstigen Gegenständen?
- Ist Gegnerkontakt involviert?
- Führt ihre häufig Rotationsbewegungen aus?
So sähe die Analyse beim Volleyball aus:
- primär 3-10 Metersprints
- Blocksprünge am Netz, ggfbsl mit Kreuzschritten
- Angriff und Blocksicherung am Netz
- Annahme, teils mit längeren Laufstrecken
So sähe die Umsetzung in den Rehaplan aus:
- 2-3 Monate post-OP: pritschen, Blocksprünge am Netz, Aufschläge an die Wand
- 3 Monate post-OP: lockeres Annahmetraining, sobald die dynamischen Ausfallschritte sicher sind
- 4 Moante post-OP: Stemmschritt mit trocken Angriff, Überkreuzen und Blocken
- 5 Monate post-Op: Annahmetraining mit Seitwärtsläufen, Annahmetraining mit eingebauten lockeren Sprints nach vorne und hinten, Kombinationsübungen von Trockenangriff, Blocksicherung und Annahme, Blocksicherung, ggbfls schon Integration in das Warm-Up
- 6 Monate post-OP: Wiedereingliederung in Annahmezirkel, in 3er Zirkel, Übungen, wo die Wege vorher recht klar definiert sind.
6 Post-Op Monat: endlich ist es geschafft!
Dieses unbeschreibliche Gefühl! Es war der Wahnsinn. Als ich nach 1,5 Stunden Training aus der Halle gekrochen bin und es lief. Alles. Es passte von vorne bis hinten. Keine Angst, keine Rückschritte, Knie top und eine Freundin hell auf begeistert, wie ich dieses mal wieder so gut einsteigen konnte. Man konnte meinen, ich hätte einfach nur eine Pause gemacht. Trotz tiefstem Winter ging in mir die Sonne auf und ich strahlte über das ganze Gesicht. Das konnte mir mein Trainer, der mich vor dem Training getapt hatte, schon von 200 Meter Entfernung aus ansehen als ich zurück ins Studio kam. Das Warten, der Fleiß, das Lesen, das gezielte Vorbereiten,… es hatte sich alles einfach für diesen einen Moment gelohnt! Denn meine zuvorige Erfahrung war ja, dass ich beim Wiedereinstieg von Unsicherheit geplagt war. Ich hatte beim ersten Mal auch deutliche Rückschritte in der Leistung verzeichnen müssen.
Und das Schönste? Noch 6 Jahre danach stehe ich auf dem Volleyballfeld! Hier bin ich mit meiner jetzigen Mannschaft(2017/2018) 🙂
Inzwischen ist das Kinesiotape voll verschwunden. In den letzten Monaten (2017), nachdem nun einige universitäre Hürden genommen wurden und ich wieder einen freieren Kopf habe, trainiere ich sogar in relativ hohen Ligen zum ersten Mal in meinem Leben mit. Das Spiel ist dementsprechend deutlich schneller und Muskelkater nach jedem Training ist zwangsläufig vorprogrammiert. Nichtsdestotrotz fühle ich mich auf meinen Knie so sicher als ob nie was war. Von meinem persönlichen Gefühl her spiele ich wohl besser als je zuvor und ich genieße jede Minute, die ich hinter so einem Ball herhechten kann 😉
Doch gehen wir noch mal einen Schritt zurück:
Ehrlich gesagt: 2-3 Wochen vor meinem Wiedereinstieg bekam ich echt Muffensausen. Was, wenn es doch nicht so gut klappt? Wenn du wieder so große Rückschritte machst? Oder der Ball gar nicht mehr vernünftig über das Netz kommt? Wenn das Knie dir doch irgendwie Probleme bereiten sollte?
Kinesiotape als Hilfe beim Wiedereinstieg
Kinesiotape ist wohl eines der umstrittesten Themen aktuell. Viel verwendet, wenig Evidenz in der Wissenschaft. Dem einen hilft es super, dem anderen herzlich wenig.
Das Kinesiotape hat bei mir wirklich Wunder gewirkt. Ich war aber auch insgeamt recht schlecht in der Sensomotorik unterwegs gewesen, sodass etwas zusätzlich Feedback mir gut geholfen hat. Nach dem Anlegen habe ich gespürt, wie sicher sich mein Knie beim Sport anfühlt. Ohne das Tape wäre mir der Wiedereinstieg auch sicherlich deutlich schwerer gefallen! Über die nächsten Monate habe ich dann das Tape Stück um Stück reduziert. Heute brauche ich es gar nicht mehr (außer ich bekomme mal Beschwerden an anderen Körperstellen ;p ). Ich persönlich empfinde es als eine Bereicherung für den Sport.
Lasst euch nicht von Leuten vorreden, dass das Tape generell nichts bringen würde. Nur weil kein wissenschaftlicher Beweis vorliegt, heißt es nicht, dass es nicht wirkt. Manchmal fehlen schlicht weg Forschungsgelder oder eine Forschungsmethode, um es zu überprüfen. Unsere System sind komplex und individuell und wir wissen noch viel zu wenig über die Bewegungsprogrammierung und wie externe Dinge darauf Einfluss nehmen.
Deshalb empfehle ich dir: geh zu einem geschulten Physiotherapeuten vor deinem ersten Training und lass dir dein Knie tapen. Macht euch selbst ein Bild, wie viel euch das bringt.
Eine Alternative, die wesentlich kostengünstiger ist und keinen Physio erfordert, wäre eine Bandage. Die gibt es in unterschiedlichen Materialien. Das angenehmste Material haben meiner Meinung nach Bauerfeind Badangen, wie die Kniebandage GenuTrain. In der Regel muss man selber etwas Aufpreis zum Rezept bezahlen, aber wenn man die Bandage lange tragen möchte (1-2 Jahre), dann lohnt sich die Investition. Bei kurzen Tragedauern von 4-8 Wochen lohnt es sich dann nicht unbedingt, wenn man auf sein Geld achten muss. Da gibt es kostengünstigere Varianten, die aber im Stoff nicht so angenehm sind.
Wie häufig habe ich in der Anfangszeit trainiert?
Ich habe die ersten Monate nur ein Mal die Woche oder alle zwei Wochen trainiert. Den Tag davor habe ich einen stringenten Ruhetag eingelegt, damit die Beine 100% fit sind. Nach einem Jahr habe ich dann zwei mal die Woche gespielt. Das Aufbautraining war damals und ist immer noch ein großer Bestandteil von meinem Sportlerdasein.
Du brauchst nicht glauben, dass die Reise nach 6 Monaten komplett abgeschlossen ist. Die Zahlen mit den hohen Rerupturquoten sprechen dabei eigene Bände. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass man mit 1 bis 1,5 Jahren zu rechnen hat. Man kann sicherlich nach 6-9 Monaten wieder etwas locker einsteigen, aber das Aufbautraining erstreckt sich noch parallel zum Sport weiter.
Wobei Hochrisikopatient bei mir sicherlich noch eine nette Formulierung war und ich demensprechend etwas länger brauchte als andere! 😀 Aber auch die Schätzungen von manchen Fachwissenschaftlern gehen in diese Richtung: Der Aufbauprozess von Knochen, neurologischen Strukturen und der Religamentisierung des Kreuzbandes soll erst nach 2 Jahren voll abgeschlossen sein. Gerade bei Sportlern mit <20 Jahre, empfehlen Sie zwei Jahre Pause. Im ersten Jahr haben VKB-Patienten immerhin ein 15-fach erhöhtes Risiko sich wieder zu verletzen. Seit 2,5 Jahren widme ich aber auch einiges meiner Trainingszeit für calesthenischen Übungen, weil ich diese Sportart ebenfalls sehr beeindruckend finde.
Deshalb ist es in meinen Augen sinnvoll in den ersten Monaten noch nicht so häufig zu trainieren außer man strebt eine Profikarriere an. Du wirst merken, dass die Zeit deutlich schneller vergeht, weil du ja nur noch von Woche zu Woche warten musst. Ich bin jedes mal schon vor dem Training wie ein Flummi vor Freude durch die Gegend gehüpft. 😀 Mir hat dann aber auch erst mal ein Mal die Woche gereicht. Denn du darfst nicht vergessen, dass so ein Training eine ziemliche Strapaze für das Knie ist und eine Woche Ruhe danach sehr hilfreich sein kann. Wie heißt es so schön: Aller Anfang ist eben schwer. Hierbei gibt es aber sicherlich kein Patentrezept, sondern hängt auch von den eigenen Bedürfnissen und der Funktionalität des Knies ab.
6 Jahre später……
… die neue Trainingsstrategie zahlt sich aus
Die Kreuzbänder sitzen noch und ich spiele nach wie vor Volleyball ohne jegliche Probleme. Ich habe keine Schmerzen im Knie (nie!), keine Schwellungen und ich bin fixer denn je auf dem Feld geworden.
Ich liebe inzwischen mein funktionelles Training und meine Wackelbretter. Sie haben mich schon bis nach Neu Seeland und Gran Canaria begleitet genau so wie mein TRX! Sie sind für mein Training inzwischen unerlässlich und viele Bekannte kommen inzwischen durch mich auch auf ihren Geschmack. Andere probieren Liegestütz, Handstände, Ausfallschritte usw. auf den Brettern und es ist erstaunlich wie viele Bekannte alleine aus meinem Fitnesstudio durch die Bretter profitieren konnten und sich ihre Knieschmerzen verminderten oder heilten. Meine Leidenschaft für den Volleyball und die Calesthenic ist immer noch sehr groß und ich hoffe, dass ich das noch alles lange weiter ausleben kann.
…man lernt nie aus
Nichtsdestotrotz ist meine Lernkurve immer noch nicht abgeschlossen. Erst vor einem 3/4 Jahr musste ich durch Steffen feststellen, dass meine Hamstrings in den Norweign Hamstring curls einfach zu schwach sind. Auch meine Außenrotation braucht noch etwas Pflege. Und das Sprungtraining muss ich auch wieder etwas mehr intensivieren, wo ich nun wieder höher Volleyball spiele. Man findet also immer mal wieder Stellschrauben, an denen man weiter drehen muss, wenn man sich mit der Thematik beschäftigt.
Eine Sache gibt mir aber trotzdem zu bedenken:
… keine OP-Technik ist perfekt. Kreuzbänder dünnen häufiger mit der Zeit aus und werden lascher
Im Laufe der Jahre habe ich bei den Lachmann-Tests das Gefühl bekommen, dass mein VKB nicht mehr so einen festen Anschlag hat wie 6 Monate postoperativ. Ich musste dann in Gesprächen feststellen, dass das gerade bei der Semitendinosus-Sehne wohl häufiger passiert. Aber auch bei einem Patellatransplantat. Warum die Sehnen mehr Laxität bekommen, weiß ich an dieser Stelle leider selber nicht. Ob es was mit der Remodellierung und dem Wiedereinstieg in den Sport zu tun hat oder ob die neue Struktur einfach nur ungenügend dem originalen Kreuzband gleicht, ist schwierig zu sagen. Durch die zusätzliche Verletzung der Seitenbänder im linken Knie, merke ich dort in funktionellen Übungen tendenziell eine leichte Unsicherheit im Vergleich zu rechts. Immer mal wieder bekomme ich dort auch muskuläre Verspannungen, die ich aber gut durch Myofaszienrollen und exzentrisches Training lösen kann. Diese kommen aber nicht vom Training oder Volleyball, sondern immer noch von meinen schweren muskulären Dysbalanzen aus Jugendzeiten und die damit einhergehenden Probleme wie leichte Skoliose und Beckenschiefstand. Dies wurde mir auch bereits durch Ärzte und Osteopathen bestätigt.
Ob also in mehreren Jahren noch mal eine Healing response auf der ein oder anderen Seite bei mir anstehen wird, um das Band zu refixieren, weiß ich nicht. Momentan kann ich alles beschwerdefrei machen und bin glücklich mit meinem Ergebnis. Wenn ich aber durch berufliche oder familiäre Gründe mal vom Volleyball zurücktreten sollte und die Bänder sollten signifikant elongiert sein, würde ich mir einen Eingriff überlegen, um das Arthroserisiko zu minimieren. Momentan ist aber daran glücklicherweise noch nicht zu denken :)!
2013-2017: Die Warriorin erkämpft sich ihren Weg in die Kreuzbandrissforschung
Erkämpfen ist vielleicht ein stückweit ein falsches Wort, da es sich für mich nie wie ein Kampf angefühlt hat. Jeden einzelnen Schritt, den ich in den letzten 4 Jahren für dieses Herzensthema gegangen bin, hat sich gelohnt und ich bin ihn gerne gegangen! Ich würde vielleicht eher sagen, dass mein Optimismus und meine Leidenschaft einfach Berge versetzt haben und ich nun dort mit Ende 20 stehe, wo ich eigentlich mit 40 oder ähnlichem stehen wollte.
Ich weiß noch wie ich am 13. Mai 2011, ein Tag nach meinem Geburtstag, mit Kühlpack bei meinen Eltern zu Hause auf der Terasse saß und mir ein kleines zärtliches, aber ganz bestimmtes Stimmchen immer wieder zugeflüstert hat. „Ich will in die Kreuzbandrissforschung!“
Und so begann ich 2012 meinen Bachelorstudiengang „Orthobionic“ an der PFH Göttingen. Dort ging es um den Bewegungsapparat und die Orthopädietechnik. Aber vorallem ging es auch um ganz viel Biomechanik! Drei mal dürft ihr raten, was meine erste Frage im Vorstellungsgespräch war? Richtig. Kann ich nach diesem Studienabschluss in die Kreuzbandrissforschung? 😀 Drei mal dürft ihr raten, was ich dann nach der Antwort „JA“ direkt getan habe… so wurde ich Studentin der PFH-Göttingen
Während meiner Bachelorzeit absolvierte ich:
- 2013 ein Praktikum bei Bauerfeind, wo ich dann auch Norman traf.
- 2014 ein Praktikum in Innsbruck in der Kreuzbandrissforschung, wo sie Testbatterien für „Return to Play“ entwickelten.
- Ende 2014 war der Startschuss für diese website! Unser erster Artikel kam raus 🙂
- 2015 Erfüllung meines Traumes: „Postoperative Nachsorge nach Kreuzbandrissoperation“ – ein E-Book zur postoperativen Nachsorge. Leider ist es bis heute noch eine Rohfassung. Daraus entwickeln wir aber in diesem Jahr gewisse Produkte für Patienten und Physiotherapeuten.
- 2015 ein Praktikum bei den Gebrüder Zantops, wo sie mit neustem High-Tech die Kreuzbandrissforschung voran treiben. Die Testungen sind auf dem neusten Stand der Wissenschaft. Sie lohnen sich aber wegen hoher Kosten nur für semiprofessionelle Spieler, für die Minisekunden entscheidend sind und die so gut auftrainiert sind, dass man mit dem Auge alleine erst mal keinen Unterschied mehr feststellen würde. Für einen normalen Spieler, der keine sportliche Karriere anstrebt, lohnt sich so eine Testung kaum. Was bringt das Ergebnis ohne eine adequate Trainingsanpassung? Da ist das Geld in einen guten Atheltiktrainer deutlich besser investiert.
- 2015 ein Praktikum bei Dr. Felmet in Schwenningen in seiner Praxis und eine Einführung in die Operationstechniken. Entdeckung der „biologischen Operationstechniken“.
- Anfang 2016 lernte ich den Brandenburger Steffen Schwarz kennen, der mir über den letzten Sommer sehr viele praktische Tipps und Tricks in Bezug zur Kreuzbandrissreha vermittelt hat. Seine Ausbildung als Physiotherapeut und seine vielen Weiterbildungen im Bereich der Athletik wie z.B. bei EXOS ergänzen sich wunderbar mit meinen wissenschaftlichen, biomechanischen Schwerpunkten.
- 2016 absolvierte ich ein Praktikum im Sanitätshaus in der Nähe von Dr. Felmet und vertiefte meine Erkenntnisse rund um Kreuzbandriss-OP. Ich bekam auch einen tieferen Einblick in die medizinische Branche und die wirtschaftlichen Komponenten. Dr. Felmet ist inzwischen mein Mentor und trägt den liebevollen Kosenamen: medizinischer Papa 😉
- April-Juli 2016 Bachelorarbeit zum Thema „Hüftabduktorenstärke und funktioneller Valgus“
- Ende 2016 Rehateil für das Buch von Dr. Felmet
- 2017 Masterstudiengang: „Biomechanik, Motorik und Bewegungsanalyse“ an der JLU in Gießen.
- 2017 Praktikum in Salzburg in der Biomechanikabteilung
- 2018 Masterarbeit: Simulierung von Gelenkkräften im Kniegelenk bei Verwendung von Hilfsmitteln
Lachmann-Test bei Dr. Schlünsen DKOU 2016 in Berlin mit Dr. Felmet, mir, Gian Luigi Canata und Steffen Schwarz
Mein Fazit?
Wenn du nur tust, was du immer getan hast, bekommst du auch nur das, was du immer bekommen hast.
Die zweite Verletzung bedeutete ein große Kehrtwende in meinem Leben. In allen Bereichen. Sie zeigte mir, dass Veränderung absolut wichtig ist im Leben und man sich nie aus dem ausruhen sollte, was man bisher weiß.
Keiner konnte sich vorstellen, was in diesem kleinen „verrückten“ Kopf dort oben abgeht. Jahrelang wurde ich für meine Visionen etwas belächelt… wieder voll Volleyball spielen? Und dann noch in einer höheren Liga? Mehr als unwahrscheinlich… in die Kreuzbandrissforschung? Ärzte, Therapeuten oder Trainer über diese Thematik aufklären? Dies alles schien Meilenweit entfernt. Heute ist es Realität. Immer mehr tolle Menschen rücken in mein Leben, die mich bei diesem Weg unterstützen. Es erfreut mich, dass wir auf dem Blog inzwischen richtige „Fans“ haben, die unser Wissen weitertragen und den Blog mit bekannt machen als auch das große Interesse der Physiotherapeuten :)!
Vielleicht habe ich mit 40 Jahren Arthrose im Knie durch die beiden Verletzungen, aber ohne meine zweite Verletzung wäre ich niemals so glücklich, wie ich es heute bin. Ich würde mich wohl in der Schule mit Schülern „rumärgern“ und würde mich immer noch mit viel zu viel Muskelmasse über das Spielfeld quälen. Mein Trainer meinte damals zu mir:
Eine Verletzung ist auch immer eine Chance
Sie hat mich auch gelehrt, dass die richtigen Menschen zur richtigen Zeit unglaublich wertvoll sind! Nur die Vereinigung von Wissen und Fähigkeiten macht uns stark und befähigt uns anderen zu helfen.
Keiner weiß, wo die Reise noch genau hingehen wird, aber dass es irgendetwas mit den Knien zu tun haben wird, ist relativ gewiss. 😉 Dafür wird die Fitnesswarriorin kämpfen. Das ich sportlich noch lange an den Stangen und am Ball sein werde, ist auch außer Frage. Denn Alter spielt für mich dort keine Rolle.
Dies war nun meine Geschichte. Ich hoffe sie konnte dich inspirieren.
Danke für das Lesen!
Christina
Wiebke Westphal
Hallo,
wir haben einen Sohn (11 Jahre), er hatte im August 2017 einen VK-Riss. Der Unfall passierte im Urlaub, Jannes hat mit seinem Bruder Judo am Strand gemacht und das Bein blieb stehen und verdrehte sich dabei auf Zug.
Im Oktober wurde er nach vielen Meinungen dann doch operiert. Die OP bei Hr. Prof. Weiler vom Sporthopaedicum Berlin verlief auch sehr gut. Unser Sohn bekam dann die normale Reha verschrieben, die nun im März ausgelaufen ist. Ja, aber was passiert nun? Wer sagt uns, welche Übungen in welcher Zeit für unser Kind die richtigen sind. Unser Sohn war vorher leidenschaftlicher Handballer und sportlich vielseitig unterwegs – es wird nun natürlich immer schwerer ihn vom Sport „abzuhalten“. Nun haben wir viel im Netz gelesen (aber auch hier gibt es ja so viele Meinungen), heute haben wir den Prof. angerufen, da sagte die Schwester uns dann am Telefon: “ auf keinen Fall Sprungübungen“, der Prof. ist natürlich nicht mehr zu sprechen. Ein Assistenzarzt hat dann Ende April einen Termin frei. Sollen wir jetzt also abwarten und nichts tun? Oder etwas falsches tun? Auch haben wir in die Reha hier vor Ort kein echtes Vertrauen mehr nach der bisherigen Behandlung.
Zum derzeitigen Stand: Jannes kann sich sehr gut bewegen, hat wenig bis keine Schmerzen (nur bei längerer Belastung), wir haben nach deinen Viedeos mal leichte Sprünge geübt, beidbeinig klappt das sehr gut, einbeinig klappt das Bein ordentlich nach innen, stehen auf einem Bein klappt sehr gut, der Kopf ist relativ frei, er traut sich viel zu und wenn er im Garten spielt, dann sieht das alles schon sehr flüssig aus. Ein Außenstehender sieht es vielleicht nicht, wir sehen schon Defizite.
Unser Problem: wir sind nur Laien und haben wenig Ahnung zu diesem komplexen Thema, da unser Sohn so sportlich ist (sein Wunsch war die Sportschule zu besuchen), möchten wir ihm natürlich nichts Falsches beibringen und die Möglichkeit auf eine ordentliche und fundierte Reha geben. Was machen wir da am besten? Können Sie uns einen Tipp geben?
Mit freundlichen Grüßen
aus Frankfurt (Oder)
Wiebke und Frank Westphal
Christina Frese
Hallo Wiebke,
Schön von dir zu hören und dass tut mir ja wirklich Leid, dass es einen 11 jährigen dermaßen erwischt! Das ist ja wirklich schrecklich. Berlin ist sicherlich eine gute Anlaufstelle und zufällig kenne ich in Berlin einen wirlich guten Sportphysio, der euch wirklich weiter helfen kann und wird. Mit dem arbeite ich sehr eng zusammen. Wohnt in Hohen Neuendorf bei Berlin. Der wird euren Sohn sicher durch die Reha begleiten und ihm beim Einstieg in den Sport wieder helfen. Da er Physio ist, kann er auch über Rezepte abrechnen, macht dann aber immer eine Stunde am Stück richtiges Training und weist die Leute in Übungen ein. Schaut mal auf diese Seite: http://rehathletics.de/ueber-mich/. Das ist wirklich das Beste, was ich euch aus der Ferne empfehlen kann. Die Ärztemeinung wird euch leider null weiter helfen. Nur die Funktionalität determiniert, wann eine Progression in der Reha möglich ist.
mit lieben Grüßen,
Christina
General-Fit
Liebe Christina,
zunächst einmal hoffe ich, sind deine Kreuzbänder wieder genesen und du kannst sportlich wieder voll durchstarten. 🙂
Ich bin eigentlich zufällig auf deinen Fitnessblog gestoßen, da ich mir selbst gerade Impressionen und Inspiration für einen eigenen Blog suche. An dieser Stelle direkt mal ein großes Lob an dich. Deine Seite sieht mega modern aus. Sie gefällt mir richtig gut. Beim Durchforsten deiner Inhalte muss ich direkt die nächsten „Likes“ aussprechen, denn du hast Ahnung gibst hier wirklich Mehrwert für deine Leser.
Wenn mein Blog später auch so gut aussieht, dann wäre ich verdammt stolz. 🙂
Sportliche Grüße
Björn
Julia
Hallo liebe Christina 👋😊
Ich finde Deinen Blog echt toll, der ist momentan sowas wie mein alltäglicher Begleiter 😄
Ich hatte 2008 einen VKB + Meniskus Riss, bin über einige Jahre gut mit Physio, Kraft- und Ausdauertraining zurechtgekommen. Meine große Leidenschaft sind Reitsport und Bergwandern.
Vor 2,5 Monaten hatte ich eine Arthroskopie, weil ich zunehmend Probleme mit Instabilität hatte und mediale Knieschmerzen. Es wurde ein Semitendinosus-Transplantat eingesetzt als Kreuzband und der gerissene Meniskusteil wurde entfernt, der war total vernarbt und im Gelenkspalt eingeklemmt 😖
Jedenfalls habe ich eine Frage, ich hatte jetzt eine 4-wöchige ambulante Reha und das Knie ist wieder „alltagstauglich“, Bewegungsumfang wiederhergestellt und ich habe weiter Physio 2x pro Woche, ansonsten bin ich auf mich allein gestellt. Hätte die Möglichkeit zu einem Personal Training und wollte fragen, ob sich das jetzt lohnt, für den Wiederaufbau?
Das ist natürlich auch nicht günstig und ich würde einen Trainingsplan fürs Gerätetraining bekommen + 1x pro Woche eine betreute Trainingsstunden mit Besprechung, Feedbacks usw.
In deinen Beiträgen schreibst du auch über „deinen“ Trainer, der dich bei deiner Reha begleitet hat. Und ich hab das Gefühl eine professionelle Unterstützung ist auch sinnvoll. Ich bin zwar jetzt kein Leistubgssportler, der in einem halben Jahr wieder auf dem Platz stehen soll, aber für mein Pferd und vor allem für mich möchte ich wieder fit werden 💪🏻
Ich habe auch Angst vor dem Verletzungsrisiko, wenn ich alleine das Training weitermachen würde ohne Feedback und zu wenig Fachwissen habe, wann ich mich wie weit steigern kann(soll). Ich will auch nicht X Wochen auf dem gleichen Level bleiben oder auf eigene Faust irgendwelche Sprünge probieren bzw auch keine unbewussten Fehlhaltungen antrainieren.
Deshalb: ist ein Personal Training für die Phase nach der ambulanten Reha für den Wiederaufbau und die Vorbereitung auf den Sport sinnvoll und gut investiertes Geld?
Christina Frese
Liebe Julia,
Ich habe dir bereits vor 2 Tagen per Mail geantwortet. Vielleicht kam Sie nicht an oder du hast es noch nicht gesehen? Allgemein hast du sicherlich recht, dass eine normale Physio heutzutage nicht mehr ausreicht. Ein Personal Training ist sicherlich eine gute Idee, aber der Trainer muss halt auch das Reha Know-How haben dich in den Sport vernünftig einzuführen. Und damit haben die in der Regel keine Erfahrung. Meistens trainieren die nur gesunde Leute. Deshalb musst du jemanden finden, der sich sowohl im Trainingsbereich als auch im Rehabereich auskennt. So jemand ist z.B. Steffen Schwarz. Er hat auch schon einen Gastartikel bei uns verfasst. Unter der Marke Knieathletics bietet er nun zusammen mit mir und zwei weiteren Personen eine digitale Trainingsbetreuung an. Er kann dir sicherlich sehr gut helfen. Alles Weitere findest du dann auch in der Mail. schönen Feiertag noch.
VG,
Christina